Wir sind dann wohl die Angehörigen

20,60

Enthält 10% MwSt.
zzgl. Versand
Lieferzeit: ca. 3-4 Werktage
Bewertet mit 5.00 von 5, basierend auf 1 Kundenbewertung
(1 Kundenrezension)

Johann Scheerer erzählt auf berührende und mitreißende Weise von den 33 Tagen um Ostern 1996, als sich sein Vater Jan Philipp Reemtsma in den Händen von Entführern befand, das Zuhause zu einer polizeilichen Einsatzzentrale wurde und kaum Hoffnung bestand, ihn lebend wiederzusehen.
»Es waren zwei Geldübergaben gescheitert und mein Vater vermutlich tot. Das Faxgerät hatte kein Papier mehr, wir keine Reserven, und irgendwo lag ein Brief mit Neuigkeiten.« Wie fühlt es sich an, wenn einen die Mutter weckt und berichtet, dass der eigene Vater entführt wurde? Wie erträgt man die Sorge, Ungewissheit, Angst und die quälende Langeweile? Wie füllt man die Tage, wenn jederzeit alles passieren kann, man aber nicht mal in die Schule gehen, Sport machen, oder Freunde treffen darf? Und selbst Die Ärzte, Green Day und die eigene E-Gitarre nicht mehr weiterhelfen?

Autor: Johann Scheerer ISBN: 978-3-492-05909-1 Kategorien: , Schlüsselworte: ,
Piper , 2018
Hardcover , 240 Seiten
Produkt-ID:3206

1 Bewertung für Wir sind dann wohl die Angehörigen

  1. Bewertet mit 5 von 5

    Lotte Nowotny

    Vor fast einem Vierteljahrhundert wurde der Hamburger Literatur-wissenschaftler und Millionenerbe Jan Philipp Reemtsma entführt. Nach 33 Tagen kam er gegen Zahlung eines Lösegelds von 30 Millionen D-Mark wieder frei. Reemstmas damals 13-jähriger Sohn erinnert sich in “Wir sind dann wohl die Angehörigen” an diese Zeit:
    Sein schlechtes Gewissen wegen des ersten Gedankens; die Erleichterung eine Lateinschularbeit an diesem Tag nicht schreiben zu müssen. Doch dann die Realität, sein Vater ist entführt und vielleicht schon ermordet worden.
    Die Erleichterung über die ausgefallene Lateinarbeit dauerte nur wenige Sekunden, das schlechte Gewissen jahrelang. Nachdem Johann die Worte seiner Mutter realisiert hatte, überfällt ihn der Schock.

    Polizisten rüsten das Haus der Reemtsmas in eine Leitzentrale um. Im Wohnzimmer wird Ermittlungstechnik installiert. Briefe des entführten Vaters werden von der Polizei abgefangen und auf Spuren untersucht, bevor sie die Familie zu lesen bekommt. Die vom Vater liebevoll aufrecht gehaltene Kommunikation mit dem Sohn (z.B. soll er ein bestimmtes Lied auf seiner Gitarre spielen) wird auf geheime Botschaften untersucht.

    Bewegende Schilderungen aus der Sicht eines Teenagers, dessen instabile Welt durch die Entführung des Vaters zusätzlich aus den Fugen gerät. Lichtblicke gibt es kaum, auch die neue rote Gitarre sorgt nur vorübergehend für Ablenkung.

    Kurze Sätze wechseln langatmige Passagen ab, die die Langeweile zwischen den Anrufen der Entführer und deren weiteren Anweisungen widerspiegeln. Wie langsam kann Zeit vergehen, wenn man das Haus kaum noch verlassen kann? Wie schnell entstehen Spannungen zwischen Anwesenden auf engstem Raum?

    Sachlich, nüchtern, emotional. „Auch wenn wir letztendlich, 22 Jahre später, gut aus dieser Zeit hervorgegangene sind – hier hat das Böse gesiegt. Wir alle drei kennen diese Momente, wenn das alles wieder für eine Sekunde aufblitzt. ‘Darf ich Ihnen den Johann mal kurz für zwei Minuten entführen?’ Hilflos stehe ich neben ihm. Ich atme ein zweites Mal, lege die Hand auf den Rücken und schiebe ihn sanft zum Auto und die Enkel einen nach dem anderen vorsichtig hinterher.“

Füge deine Bewertung hinzu

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert