Planet ohne Visum

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Marseille 1942, einige Monate vor der endgültigen Besetzung der Freien Zone durch die Deutschen. Der große Mittelmeerhafen quillt über von Menschen, die vor dem Krieg fliehen und auf die Überfahrt nach Amerika, in eine ungewisse Zukunft hoffen. Die Stadt ist wie eine Reuse, in der die Unerwünschten und vom Vichy-Regime Verfolgten zappeln und täglich versuchen, den Spitzeln und Denunzianten zu entwischen. Fast dreißig Romanfiguren, deren Schicksale auf mehr oder weniger verhängnisvolle Weise miteinander verstrickt sind, lässt Malaquais auftreten: Flüchtlinge, Aktivisten der Résistance, Vertreter internationaler Hilfsorganisationen, Legionäre, Devisenschieber, Spitzel und Mitläufer aller Art. Zum Teil sind sie angelehnt an historische Figuren wie Victor Serge, Walter Benjamin und Varian Fry, der zahlreichen Verfolgten zur Ausreise verholfen hat – darunter Jean Malaquais selbst – und dem der Roman in der Figur des Aldous Smith ein Denkmal setzt.

Autor: Jean Malaquais ISBN: 978-3-96054-294-0 Kategorie: Schlüsselworte: ,
Nautilus , 2022
Hardcover , 664 Seiten
Produkt-ID:7835

1 Bewertung für Planet ohne Visum

  1. Bewertet mit 5 von 5

    Lieselotte Stalzer

    Als der Roman „Planet ohne Visum“ Ende der 1940 Jahre in Frankreich erschien, wollte kaum jemand ein Buch lesen, dass den soeben zu Ende gegangenen Krieg und die Beteiligung der Franzosen am Holocaust zum Thema macht. Jean Malaquais hat ein mehr als 600 Seiten umfassendes Werk verfasst, das als besonderes Stück Exilliteratur bezeichnet werden kann.
    Schauplatz ist Marseille 1942. Nordfrankreich ist von deutschen Truppen besetzt, der Süden wird von der Regierung in Vichy unter Führung von Marschall Pétain regiert. Menschen aus unterschiedlichen Milieus, Künstler, Geschäftsleute, Juden und politisch Verfolgte: sie alle warten auf ein Visum, haben Angst, in deportiert oder an die Deutschen ausgeliefert zu werden.
    Mit seinen lebensnah gezeichneten Figuren (meist stehen reale Personen der damaligen Zeit dahinter) schafft Malaquais eine Bühne der deutschen Besatzung, des Widerstands und der Emigration. Die eine Gruppe, Flüchtlinge und Gegner des Vichy Regimes, sind im Hafencafé zu treffen. Dazu gehört auch Gervaise, die mit ihrem Großvater das Emergency Rescue Commitee, eine in Amerika gegründeten Hilfsorganisation, die bedrohten europäischen Künstlern und Intellektuellen die Flucht zu ermöglichen versucht, unterstützt. Im Bistro treffen sich vorwiegend die Anhänger des Vichy-Regimes. Der Besitzer des Cafés ist Mitglied im Service d’ordre légionaire, der antisemitischen paramilitärischen Eingreiftruppe Pétains. Doch da er in der Stadt gute Geschäfte macht, hält sich in seinem Café mit politischen Aussagen zurück.
    Atmosphärisch dicht, mit einer Vielzahl gut gezeichneter Figuren und unterschiedlichen Handlungssträngen und lebendigen Dialogen, erwecken die Hafenstadt Marseille zum Leben. Die oft belastenden und sehr realistisch geschilderten Szenen sind eine Herausforderung für Leserinnen und Leser, ziehen diese weiter in die einzelnen Schicksale hinein.

    Besonders hervorzuheben ist der Anhang. Dieser listet v.a. die hinter den Romanfiguren stehenden realen Vorbilder auf, wie z.B. den amerikanischen Fluchthelfer Varian Fry, der die literarische Vorlage für Aldous J. Smith liefert.

    Malaquais „Planet ohne Visum“ ist, wenn auch an einem anderen Schauplatz aktueller denn je, wirft der Überfall Russlands auf die Ukraine doch die gleichen (und auch andere) Fragen auf, wie 1942 die Situation in Marseille der deutschen Besatzung.

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