Die Richtige
Zwei Frauen, ein Maler und eine Warnung: “Werden Sie nicht sein Modell!” Ein verblühtes Azaleenbäumchen, fast schon im Müll, und dann, ganz unerwartet, eine rosa Wolke, neues Grün – “so müsste man arbeiten, wie diese Pflanze!” Sagt Louis Creutz, ein Maler, der über Grenzen hinweggeht, weil er keine erkennt. Von den Menschen, die mit ihm in Berührung kommen, profitiert er, bevor er sie fallen lässt. Meist sind es Frauen, seine Modelle. Eine von ihnen ist inzwischen obdachlos, eine Streunerin mit goldgefärbten Locken und unheimlichem Maskengesicht. Eine andere, noch junge, lebensfrohe, die barfuß in Sandalen der Kälte trotzt, schlägt jede Warnung in den Wind.
Lieselotte Stalzer –
Louis Creutz ist erfolgsverwöhnter Maler, Egomane. Positive wie negative Kritiken lassen ihn kalt, umso höher sind die Maßstäbe, die er an seine Kunst anlegt. Er malt nur bei Tageslicht und ausschließlich weibliche Akte. „Was sei es denn, was vom Menschen bleibe, wenn man seine Illusionen, seine Träume und phantastischen Auffassungen von sich selbst abziehe? Die Haut. … Wenn man den Menschen ansehe, dann sei es die Haut, die ihn repräsentiere, und man könne sogar sagen, die ihn vollständig repräsentiere, wenn er gemalt werden solle.“
Aus den Anfangsjahren seines noch unbekannten künstlerischen Schaffens, sind ihm Rudolf und Beate geblieben, die damals seine ersten Bilder gekauft haben. Jetzt sind sie auf jeder Vernissage dabei und halten ihm Besucher deren Fragen er nicht beantworten will vom Leib. Beate ist auch diejenige, die Rudolfs Bruder Dietmar verheiraten möchte und „die Richtige“ sucht. Nach einer Vernissage, die der Künstler frühzeitig verlassen hatte, berichtet ihm Beate, diese gefunden zu haben: Astrid, Mitte 30, Deutschschwedin. Und irgendwann später, ist Astrid Creutz’ Modell.
Martin Mosebach gelingt es einmal mehr, mit seiner etwas antiquiert anmutenden, aber für Leserinnen und Leser erfrischenden Sprache, faszinierende Bilder zu zaubern und in eine Handlung zu verpacken. Mit seiner detaillierten Beobachtungsgabe zeichnet er nicht nur unverwechselbare Charaktere sondern auch eine zeitlose Szenerie. „Die Richtige“ ist ein vom Autor herrlich inszeniertes Ränkespiel über die elitäre Gesellschaft.